Katharina Lukoschek

Zur Kodifizierung der Wissenspoetologie

Roland Borgards/Harald Neumeyer/Nicolas Pethes/Yvonne Wübben (Hg.), Literatur und Wissen. Ein interdisziplinäres Handbuch. Stuttgart: Metzler 2013 [Preis: EUR 69,95]. ISBN: 978-3-476-02371-1.

Handbücher verzeichnen derzeit eine bemerkenswerte Konjunktur. Nicht zuletzt angesichts der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge lässt sich diese Entwicklung begrüßen: Die zugriffsfreundliche und überblicksartige Rekonstruktion wesentlicher Aspekte eines einschlägigen Themas, zu dem die Forschung zwar ertragreich, aber meist unüberschaubar geworden ist, stellt ein sinnvolles Unternehmen dar.

Mit Literatur und Wissen. Ein interdisziplinäres Handbuch liegt nun eine weitere Publikation vor, die sich zu diesem Bereich sogenannter ›kodifizierender Schriften‹ zählen lässt, ein Publikationstyp, den Jörg Schönert folgendermaßen expliziert hat:

In ›kodifizierenden Publikationen‹ der Philologien werden disziplinspezifische Wissensbestände mit dem Anspruch auf ›gründlich geprüft und weithin akzeptiert‹ ausgewiesen, das heißt die problematisierenden Diskussionen zum Gewinnen und Anwenden eines solchen Wissensbestandes gelten als überschaubar und abgeschlossen: das entsprechende Wissen wird weithin ›entproblematisiert‹. Die Präsentation dieses Wissens wird so organisiert, dass seine Rezeption fachintern und gegebenenfalls auch über Fachgrenzen hinaus ohne Mühen zu vollziehen ist.[1]

Dabei soll das Handbuch als eine Form dieses Publikationstyps anhand der »übersichtlichen alphabetisch-lexikalischen oder […] systematischen Anordnung von Einzelbeiträgen« einem »leicht zu erreichenden, ersten informierenden Zugang« dienen.[2] Wollte man mit Schönert eine präskriptive Liste von Kriterien für gute Handbücher aufstellen – und das scheint angesichts der aktuellen Entwicklung in diesem Bereich angebracht –, so käme dabei folgender Katalog heraus: (1) systematischer Aufbau, (2) Verständlichkeit, (3) Informativität und (4) Entproblematisierung. Das Kriterium der Verständlichkeit lässt sich zudem weiter differenzieren. Wenn Schönert davon spricht, dass das dargestellte Wissen »ohne Mühen zu vollziehen ist« (s.o.), kann dies zunächst durch eine klare und eindeutige Ausdrucksweise erreicht werden. Des Weiteren sollten voraussetzungsreiche Konzepte oder Begriffe erläutert werden, da oftmals entweder eine komplexe Fachsprache das umstandslose Verstehen beeinträchtigt oder Fach- und Alltagssprache zusammenfallen können und es dann ohne weitere Erläuterungen zu Missverständnissen auf Seiten des Lesers kommen kann. Schließlich sollte vermieden werden, den eigenen Aussagen und methodischen Prämissen zu widersprechen. Verständlichkeit kann somit anhand von Klarheit, ausreichender Erklärungsleistung und argumentativer Konsistenz aufgefasst werden.

Diese Kriterien nach Schönerts Explikation gehen aus einer empirischen Studie hervor, die den Zeitraum von 1958 bis 2001 berücksichtigt und somit Standards erfasst, die über viele Jahre zu beobachten waren. Sie sollen im Folgenden zur Überprüfung des Handbuchs Literatur und Wissen herangezogen werden. Zunächst soll allerdings die Anlage des Handbuchs erläutert werden.

1. Einordnung und Zielsetzung

Die von Vertretern der Wissenspoetologie herausgegebene Publikation wird im Vorwort entlang solcher Schlagworte und Formeln positioniert, die für diesen Ansatz einschlägig sind. So gehen die Herausgeber Roland Borgards, Harald Neumeyer, Nicolas Pethes und Yvonne Wübben von einer skeptizistisch-relativistischen Auffassung von Wissensgeschichte aus und sprechen von einer nachfrühneuzeitlichen Differenzierung von Naturwissenschaften und Literatur in »autonome gesellschaftliche Funktionssysteme« (1), die unter dem Etikett der ›zwei Kulturen‹ im 20. Jh. am eindeutigsten voneinander getrennt seien. Die rhetorische Qualität wissenschaftlicher Aussagen als eine der grundlegendsten Annahmen der Wissenspoetologie voraussetzend, nimmt man eine »integrale Perspektive auf die Entstehung, Gestaltung und Dynamik von Wissen bzw. für epistemologische Rekontextualisierungen ästhetischer Artefakte« (ebd.) ein und verweist auf die erneute Zusammenführung von Naturwissenschaften und Literatur. Die Ausrichtung wird zusätzlich dadurch gestützt, dass repräsentative Persönlichkeiten dieser Denkrichtung (Joseph Vogl) oder solche Wissenschaftler, auf die sich die Wissenspoetologie oftmals bezieht (wie Ludwik Fleck, Stephen Greenblatt oder Hans-Jörg Rheinberger) als Referenzgrößen angeführt oder Ausdrücke, die unter die vieldiskutierte Formel des ›Wissens in Literatur‹ subsumierbar sind, verwendet werden. Eingangs etwa stellt man die Fragen »Reagiert Literatur auf Wissen? Beinhaltet Literatur Wissen? Ist Literatur Wissen?« (ebd., Hv.i.O.) und markiert mit dieser Ausdrucksweise ein wissenspoetologisches Spezifikum: Die Rede vom ›in der Literatur enthaltenen Wissen‹ setzt auf programmatische Weise eine methodisch grundlegend vorbestimmte Analysehaltung sowie einen bestimmten Wissensbegriff voraus. Entgegen der seit Platon verbreiteten Auffassung, Wissen müsse unter anderem wahr sein (wobei hier ein substantialistischer Wahrheitsbegriff zugrunde gelegt wird), geht die Wissenspoetologie davon aus, dass Wissen durch diskursive Praktiken beglaubigt werden müsse und somit historisch bedingt und wandelbar sei. Entsprechend sei es unerheblich, ob man Wissen im Rahmen eines literarischen oder eines wissenschaftlichen Textes betrachte. Ganz abgesehen davon seien sich literarische und wissenschaftliche Texte wesentlich ähnlicher als es die intuitive Neigung zur Disjunktion seit der ›Zwei Kulturen‹-Debatte nahelege: Wissenschaftliche Texte schüfen ebenso wie Literatur formale Bedingungen für Wissen, indem sie sich rhetorischer, medialer, aufmerksamkeitsökonomischer u.a. Mittel bedienten, weswegen Literatur im Umkehrschluss als Quelle von Wissen im gleichen Maße ernst zu nehmen sei.[3]

Die Herausgeber betonen schließlich zwei Ziele des Bandes: Einerseits sollen zentrale Debatten um das Verhältnis von Literatur und Wissen vorgestellt (vgl. ebd.), andererseits aber auch »Zusammenhänge zwischen Literatur- und Wissenschaftsgeschichte [sowie] de[r] Prozess einer literaturtheoretischen [d.h. hier der wissenspoetologischen, K.L.] Konzeptbildung« (2) dokumentiert werden.

2. Aufbau und Verständlichkeit

Das Inhaltsverzeichnis ist systematisch unterteilt in die fünf Großkapitel »Ansätze«, »Disziplinen«, »Paradigmen«, »Verfahren und Formen« und »Exemplarische Lektüren«, die ihrerseits in die jeweiligen Beiträge als Unterkapitel gegliedert sind. Auswahl und Arrangement der Beiträge werden jedoch nicht weiter begründet, sodass bereits die Zusammenstellung unter »Ansätze« irritierend wirkt: Dort stehen die Artikel zu »Erzählung«, »Metapher« oder »Denkfigur«, die zumindest die Gemeinsamkeit aufweisen, in einem weiteren Sinne als Vertextungsverfahren gelten zu können, in einer Reihe mit den Artikeln zu »Diskurs«, »Poetologie des Wissens«, »Materialität« oder »Schreiben«. Wie diese kategorial unterschiedlichen Größen gleichermaßen als ›Ansätze‹ verstanden werden sollen, wird auch trotz eines relativ knappen Verweises auf die Orientierung am »practical turn der Wissenschaftsforschung« (3, Hv.i.O.) nicht ersichtlich. In der Einleitung werden sie zwar eingegrenzt auf »Prinzipien und Verfahren der Text- und Bildanalyse sowie der Analyse von Materialien, Handlungen und Medien […], die auf epistemologischen und wissenspoetologischen Grundannahmen basieren […]« (ebd.). Damit werden jedoch einige dieser ›Ansätze‹ gleichzeitig als Untersuchungsverfahren und untersuchtes Objekt aufgefasst bzw. semantisch falsch umschrieben: ›Materialität‹ und ›Schreiben‹ gelten dieser Festlegung zufolge als Prinzipien und Verfahren der Analyse von Materialien und Handlungen. Dies ergibt ebenso wenig Sinn, wie die Eingrenzung von ›Metapher‹ und ›Erzählung‹. Abgesehen davon, dass bereits die Charakterisierung als Analyseprinzipien und -verfahren erklärungsbedürftig ist, werden sie im weiteren Verlauf der Einleitung zusätzlich als »erkenntnistransformierend« (ebd.) bzw. als »grundlegender Modus des Zugangs zur Wirklichkeit« (ebd.) bezeichnet. Somit schreibt die Verfasserin Yvonne Wübben den beiden Begriffen Eigenschaften zu, die nur schwer mit den erstgenannten vereinbar sind.

Auch die Konzeption des zweiten Kapitels »Disziplinen« stellt sich bei näherer Betrachtung als problematisch heraus. Unter den insgesamt 16 Wissenschaften befinden sich etwa »Anthropologie«, »Mathematik«, »Medizin«, »Psychologie«, »Soziologie« oder »Zoologie«. Roland Borgards spricht zwar in der Einleitung davon, dass man mit dieser Auswahl der »Literaturgeschichte und [der] Geschichte der wissenschaftlichen Disziplinen gleichermaßen« sowie »Brüchen, Diskontinuitäten und Widersprüchen« gerecht werden und diese »sowohl in systematischer und [sic!] als auch historischer Hinsicht« (55, Hv.i.O.) betrachten möchte. Bemerkenswert ist jedoch seine Formulierung, dass die hier skizzierte Wissensgeschichte »ihren immer jeweiligen Gegenstand aus methodischen Erwägungen heraus eher in einer idiosynkratischen Bewegung als auf den gesicherten Fundamenten einer robusten Theorie« (ebd.) umkreise. Die offenbar von Joseph Vogls Unterscheidung in »idiosynkratisches Vorgehen und […] robuste[] Methode [Hv.i.O.]«[4] abgeleitete Ausdrucksweise kann zu mehreren Verständnisschwierigkeiten führen: Zum einen bezieht sich Vogl ursprünglich auf die historische Diskontinuität von Wissen (nicht Wissenschaft) und mithin auf eine Wissenspragmatik, die dem systematischen und historischen Erkenntnisinteresse des Handbuchs streng genommen zuwiderlaufen muss. Zum anderen geht Vogl davon aus, dass im Vorfeld der wissenspoetologischen Untersuchung eine »Unerklärtheit [d]es Untersuchungsbereichs« vorliegt, da es sich dabei um einen zeitlich »fluktuierenden Gegenstandsbereich«[5] handelt, der sich erst dann erschließt, wenn seine jeweiligen Aussagebedingungen geklärt sind. Entsprechend erscheint der Einsatz von systematisch und wesensbestimmend angelegten ›Was ist‹-Fragen, die jede Disziplin einleiten sollen, methodisch nicht konsequent, da die Anlage dieser einführenden Abschnitte nicht der Radikalität des als Vorbild dienenden Voglschen Postulats entspricht. Ferner ist das hier vertretene, voraussetzungsreiche Verständnis von ›idiosynkratisch‹ nicht mit Bezug auf seinen Ursprung in Vogls Aufsatz gekennzeichnet und kann den Eindruck evozieren, dass hier ausschließlich eine ›herkömmliche‹, also voraussetzungslose Idiosynkrasie in der Methode vorherrscht und solche Aspekte, die den eigenen Ausführungen zuträglich sind, ohne weitere Begründung hervorgehoben werden könnten. Dieser Eindruck kann sich sogar angesichts des Aussagekontexts erhärten, wenn in einem kursorisch-anekdotischen Gestus davon gesprochen wird, die vorliegenden Einteilungen »hätten auch anders ausfallen können« (ebd.).

Ähnlich irritierend wirken auch die einleitenden Erläuterungen und die daraus resultierende Zusammenstellung der Beiträge zum Kapitel »Paradigmen«. Diese seien nicht, »im strengen und engen Sinn der Terminologie Kuhns [zu verstehen], sondern in einem weiteren Verständnis des Paradigmatischen, wie es im 18. Jh. vom Wissenschaftler und Schriftsteller Georg Christoph Lichtenberg in die Diskussion eingeführt wurde und an dem die aktuelle Wissenschaftstheorie (und auch Kuhn selbst) partizipiert« (170). Auf eine Erläuterung dieses Ver ständnisses durch die Verfasser wird verzichtet. Doch auch das Wissen um Lichtenbergs Auffassung von Paradigmen als »heuristische[] Hebezeuge[]«[6], also die Vorbildhaftigkeit bestimmter wissenschaftlicher Leistungen, erschließt nicht, inwiefern es sich dabei um einen im wissenschaftstheoretischen bzw. -historischen Sinne relevanteren Terminus als beim Begriff Kuhns handelt und wie mit einer solchen Reduktion eine gehaltvolle Aussage über die aktuelle Wissenschaftstheorie getroffen werden kann. Darüber hinaus ist nicht klar, wie Paradigmen dieser Art nach Roland Borgards und Nicolas Pethes als »Bedingungen« (ebd.) von Wissen aufgefasst werden können, die mit Foucault einem historischen Apriori unterlägen. Dieses markiere nämlich seinerseits Bedingungen, »die der Erkenntnis […] in einer geschichtlich spezifischen, jeden Erkenntnisakt in einer unterschiedlichen Art konstituierenden Form« (ebd.) vorausgingen. Zum einen steht diese Formulierung Kuhns Paradigma-Begriff[7] doch näher als dem Begriff Lichtenbergs und wirft erneut den Verdacht methodischer Inkonsequenz auf. Zum anderen scheinen die Verfasser nicht zuletzt aufgrund dieser vermeintlichen Strukturähnlichkeit die verschiedenen Konzepte und damit die Begriffe gleichzusetzen, was sich jedoch als inkommensurabel herausstellt: Das ›historische Apriori‹ als »Gesamtheit der Regeln, die eine diskursive Praxis charakterisieren«[8] beschreibt erstens die historischen Bedingungen von Aussagen, ohne dabei auf bestimmte Diskurse oder einen zeitlich linearen Ablauf beschränkt zu sein, denn zu einer bestimmten Zeit können verschiedene Diskurse synchron existieren und verschiedenen Regeln unterliegen. Paradigmen im Sinne Kuhns hingegen bezeichnen ein historisches Entwicklungsschema, d.h. es handelt sich dabei um aufeinanderfolgende Phasen methodologischer Konsensfindung. Damit unterscheiden sich Paradigmen zweitens ebenfalls vom ›historischen Apriori‹, das nach Foucault eben »nicht [die] Gültigkeitsbedingungen für Urteile [Hv.K.L.]«[9] angibt. Drittens ist ›Paradigma‹ ein »wissenschaftstheoretisch[er] Grundbegriff der Wissenschaftsanalyse«[10] und damit nicht auf jeden beliebigen Diskurs übertragbar. Entsprechend stellt sich mit Blick auf die Zusammenstellung der Einflussgrößen »Mythologie«, »Theologie«, »Astrologie«, »Physiognomik«, »System«, »Normalismus«, »Evolution«, »Kybernetik« und »Ecocriticism« die Frage, warum nicht von vornherein eine Beschränkung des Paradigma-Konzepts auf Wissenschaft in Abgrenzung zu Wissen und Literatur vorgenommen wurde. Zum einen wirkt es befremdlich, in Bezug auf die letzten beiden von Paradigmen zu sprechen, zum anderen folgen aus dieser Anlage des Handbuchs notwendige Einbußen: Während hier etwa die Evolutionslehre ein eigenes Paradigma darstellt, gilt dies nicht für die ›positivistische Methode‹, die im Zusammenhang naturalistischer Poetik eine mindestens ebenso große Rolle spielt und sogar als Präzedenzfall des wissenschaftsgeschichtlichen Paradigmenwechsels gelten kann.

Im Kapitel zu »Verfahren und Formen« schließlich werden die titelgebenden Termini ebenfalls nicht verständlich gemacht. Stattdessen spricht der Verfasser Nicolas Pethes evasiv von »diskursübergreifenden Konzepten« (229) oder schlicht von »Begriffen« (230) und betont im Gestus der Aufdeckung besonderer Vielfalt die mehrfache Zuordnungsmöglichkeit zu »Ansätzen« (die eigentlich mit dem ersten Kapitel abgedeckt sein sollten), »Modellen«, »Methoden« oder »Gattungen« bzw. »Genres« (229f.). Dies führt dazu, dass beispielsweise »Wahrheit« oder »Beobachten« in einer Reihe stehen mit »Beispiel«, »Verstehen« oder »Popularisierung«. Es bleibt unklar, worin hier die Gemeinsamkeit besteht.

Die angeführten Beispiele zeigen, wie es durch die Verwendung vager, voraussetzungsreicher oder widersprüchlicher Ausdrucksweisen und Annahmen, bisweilen aber auch durch methodische Inkonsequenzen und fehlende Erklärungsleistung bereits auf der Ebene der konzeptuellen Gestaltung zu Unverständlichkeit oder sogar zu Missverständnissen sowohl für den fortgeschrittenen als auch besonders für den einsteigenden Leser kommen kann. Da diese Einschätzung die übergeordnete Anlage betrifft, nicht aber die Beiträge im Einzelnen, soll nun ein Blick auf letztere geworfen werden. Während einige Artikel eine hohe Erklärungsleistung aufweisen und über deutliche Strukturen und Wortwahl verfügen (etwa »Metapher«, »Medizin«, »Theologie«, »Verstehen« oder »Beispiel«), vermisst der Leser an anderer Stelle eine klare und unkomplizierte Ausdrucksweise. So stößt er stattdessen im Beitrag »Anthropologie« auf folgende, schwer begreifliche Formulierung von Johannes F. Lehmann: »Die Erfindung des Gefühls [als Erklärungskategorie, K.L.] läuft insofern parallel zur Anthropologisierung und Physiologisierung des Menschen, als das Gefühl als ein Relais der Selbstreferenz eingeführt wird, das als psychische Registraturinstanz jener letztlich physischen Lust/Unlustgefühle fungiert, die jeden Akt von Fremdreferenz begleiten.« (58) Auch an Widersprüchlichkeit grenzende Formulierungen finden sich in manchen Beiträgen. Obwohl der Verfasser des Artikels »Diskurs«, Harald Neumeyer, herausstellt, dass Foucault »die Diskursanalyse [weder] als ein Verfahren zur Interpretation literarischer Texte entwickelt, noch eine exemplarische Diskursanalyse der Literatur vorgelegt« (32) habe, behauptet er wenige Sätze später:

Eine Wende gegen die Hermeneutik eignet dieser Definition von Diskurs [im Sinne regelhaft strukturierter Aussageordnungen, K.L.] insofern, als die Frage nach einem Sinn der Aussagen bzw. nach einer Intention des Autors hinter den Möglichkeitsbedingungen des Erscheinens dieser Aussagen zurückgestellt wird.

Diskursanalyse stellt dementsprechend einen interpretatorischen Zugriff auf Aussagesysteme jeder Art dar, der die diese Systeme konstituierenden und charakterisierenden Regeln, Funktionen, Formen und Voraussetzungen herausarbeitet […] (33).

Schließlich sieht sich der Leser mitunter vor interpretierende Behauptungen gestellt, die nicht haltbar sind. Im Fall von Urs Büttners Beitrag »Meteorologie« wird die Gleichnamigkeit des französischen ›temps‹, das zum einen ›Zeit‹, zum anderen ›Jahreszeit‹/‚Wetter‹ bedeuten kann, ausgeschöpft um zu behaupten, dass sich Marcel Prousts À la recherche du temps perdu auch »als Genese einer Poetik aus dem Geist der Wetterkunde lesen« (99) lasse.

Auf formaler Ebene fällt ein hohes Maß an Fehlern bei der Angleichung von Zitationen und Literaturhinweisen auf. Während in einigen Beiträgen ein oder zwei bibliographische Nachweise zu viel oder zu wenig angeführt sind, bisweilen falsche Jahreszahlen angegeben werden und einige Artikel im Vergleich zum Gros der Beiträge eine nicht durchgängig nachvollziehbare Weise des Bibliographierens bzw. Zitierens aufweisen, wird an anderer Stelle die Argumentation auf einer Handvoll Forschungsbeiträge aufgebaut und das bibliographische Verzeichnis mit mehr als doppelt so vielen Hinweisen versehen, sodass ein Zuordnungsversuch ergebnislos verläuft.

3. Informativität

Ob das Handbuch Literatur und Wissen einen informativen Zugang ermöglicht, lässt sich mit Blick auf Gestaltung und Anordnung der Einzelbeiträge eruieren. Während einige Artikel Informativität durch name dropping zu erzielen versuchen oder durch die jeweilige Akzentsetzung wichtige Aspekte nicht mehr betont werden können (im Beitrag »Physik« etwa finden die zahlreichen Wissenschaftsromane der Gegenwart keine Erwähnung), gelingt es in anderen Beiträgen wie beispielsweise dem zum »Essay«, klare und eindeutige Formulierungen zu finden, wesentliche und in Abgrenzung zu anderen Formen der Abhandlung stehende Eigenschaften der Textsorte strukturiert vorzuführen und ein ausgewogenes Maß zwischen entproblematisiertem Wissen und Problembewusstsein an den Tag zu legen. Auch die Verfasserin des Beitrags zu »Metapher«, Christina Brandt, schafft es, eine Idee davon zu vermitteln, welche verschiedenen Auffassungen des Metaphernbegriffs nicht nur historisch, sondern auch systematisch konkurrieren und welche grundlegenden Forschungsfragen sich vor allem in Bezug auf die Leistung einer Verwendung von Metaphern bei der Formulierung epistemischer Aussagen im 20. Jahrhundert herausgebildet haben.

Die Idee, das Verhältnis von Literatur zu verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen anhand prägnant gestalteter und dennoch auf detaillierte Einsichten bedachter Artikel im zweiten Kapitel zu verdeutlichen, stellt – gerade angesichts der teils recht ausgefallenen Verbindungen von Literatur mit Fächern wie der Botanik oder der Meteorologie – ebenfalls eine informative Bereicherung dar. Geschichtlich wesentliche Momente der Interaktion von Literatur mit diesen Fächern, aber auch einschlägige wissenschaftliche und literarische Werke werden in vielen Beiträgen übersichtlich aufgearbeitet (etwa in den Artikeln »Botanik«, »Medizin«, »Pädagogik«, »Physik«, »Psychologie« oder »Recht«) und bieten einen gut strukturierten Überblick. Gerade bei naturwissenschaftlichen Disziplinen wie der Physik oder der Medizin, bei denen der Einstieg für den auf diesen Gebieten weniger bewanderten Leser oft mühsam ausfallen kann, stellt sich das Handbuch als hilfreiche Quelle von Informationen heraus. Analog verhält es sich mit Disziplinen wie der Soziologie oder der Pädagogik, wo es weniger die fachliche Distanz als die Fülle an Einflussbeziehungen zwischen Literatur und dem jeweiligen Fach ist, die den Einstieg erschweren. Auch hier erweist sich das Handbuch als nützlich, um einen Einblick in die wesentlichen Aspekte zu erlangen.

Die 23 »Exemplarischen Lektüren« stellen ebenfalls eine informativ gelungene Innovation für das Format des Handbuchs dar. Auch hier wird – um sich dem Urteil Bernd Blaschkes anzuschließen – »meist ganz anschaulich und überzeugend«[11] aufgezeigt, wie Literatur auf die verschiedenen Wissenschaften Bezug nehmen kann. Dabei wurde einerseits darauf geachtet, solche literarischen Werke auszuwählen, die sich auf die im zweiten Kapitel besprochenen Disziplinen beziehen. Andererseits hat man Wert darauf gelegt, Werke aus allen literarischen Epochen seit der frühen Neuzeit zu berücksichtigen. So ermöglicht man es dem Leser nicht nur, die weitgehend theoretisch gehaltenen Ausführungen der Beiträge aus dem zweiten Kapitel am Exempel nachzuvollziehen und ein besseres Verständnis für das Forschungsfeld zu entwickeln, sondern man zeigt ihm auch ein breites zeitliches Spektrum auf und sensibilisiert so gezielt für historische Problemlagen.

Dennoch ist dem resümierenden Urteil Blaschkes, es handle sich um ein »ungemein informative[s] Handbuch«[12], deswegen nur eingeschränkt zuzustimmen, weil Blaschke damit offenbar »Material-« bzw. »Erkenntnisdichte«[13] und Diversität[14] bezeichnet, also eine quantitative und zum Teil an das Merkmal der Interessantheit gebundene Informativität. Die von Schönert vertretene Idee der Informativität betont hingegen das qualitative Merkmal der Relevanz, das einen umfassenden, aber an den vordringlichen Schwerpunkten orientierten Überblick über ein Forschungsfeld ermöglichen soll, kurz: Es geht nicht darum, Interessantes, sondern Wesentliches zu erfahren. Der Informationsanspruch des Handbuchs wird zwar von den Herausgebern nicht in dieser expliziten Form geäußert, lässt sich jedoch dort festmachen, wo davon die Rede ist, man verstehe das Handbuch als »ein Kompendium, das literaturwissenschaftliche und wissenschaftsgeschichtliche Arbeiten der letzten Jahrzehnte bilanzieren« (2) und »die Debatten […], die sich in den letzten 20 Jahren und in einer bis heute unverminderten Konjunktur anlässlich [des Verhältnisses zwischen Literatur und Wissen, K.L.] entfaltet haben« (1), vorstellen möchte. Gleichzeitig strebt man jedoch keine terminologischen Klärungen an, da »es in der Forschung derzeit weder hinsichtlich einer letztgültigen Definition der beiden Begriffe ›Literatur‹ und ›Wissen‹, noch hinsichtlich der Frage nach dem Verhältnis zwischen Literatur und Wissen« (1) einen Konsens gebe. Entsprechend kann sich der Leser weder an einer Arbeitsdefinition von ›Literatur‹, ›Wissen‹ und ›Wissenschaft‹ orientieren noch darauf hoffen, einen Einblick in die grundlegenden zugehörigen Forschungsfragen zu erlangen, was besonders im Hinblick auf den vieldiskutierten Wissensbegriff ein Defizit darstellt. Zwar ist eine einheitliche und erst recht eine konsensfähige Verwendung des Wissens begriffs in einer Sammelpublikation schwer zu realisieren. Ein eigenständiger Beitrag zur Terminologie hätte jedoch schon ausgereicht, um eine grobe Vorstellung relevanter epistemologischer Diskussionen und Probleme zu vermitteln. Dabei wäre es nicht so sehr darauf angekommen, sich auf einen bestimmten Begriff festzulegen und sich damit der entsprechenden Forschungsrichtung zu verpflichten. Vielmehr hätte man dem erkenntnistheoretisch wenig ausgebildeten Leser einen grundlagenspezifischen Einblick zur Orientierung bieten können. Mit diesem konzeptuell geringfügigen Aufwand hätte sich zudem vermeiden lassen, dass sich das Handbuch trotz der Betonung der Neuartigkeit wissenspoetologischer Analyseverfahren und der Unterscheidung von gattungs- und motivgeschichtlichen Ansätzen (vgl. dazu besonders den Beitrag zu »Zoologie« von Roland Borgards) dennoch auf weite Strecken wie eine Motiv- bzw. Stoffgeschichte liest, deren zusätzliche Qualifizierung einzig darin besteht, diejenigen Wissenschaften, die sich den Motiven zuordnen lassen, auf ihre poetische Sprachverwendung und formale Literarizität hin abzustecken. Dass Fallgeschichten oder Beispiele in wissenschaftlichen Abhandlungen eine wesentliche heuristische Funktion übernehmen, lässt sich dabei jedoch weder als Ergebnis einer Einflussbeziehung zwischen Wissenschaft und Literatur (in einer engeren, emphatischen und damit für diese Zwecke sinnvolleren Verwendung des Begriffs) noch als ›wissenserzeugende‹ Qualität dieser vermeintlich literarischen Formate herausstellen, sondern vielmehr als triviale Tatsache. Aber auch die Berücksichtigung solcher rhetorischer Mittel, die typischerweise als Teil des literarischen Gestaltungskatalogs verortet werden, geht nicht über die Behandlung als eigene Beiträge im Kapitel »Ansätze« hinaus (etwa »Erzählung« oder »Metapher«) und bleibt folglich isoliert von einer umfassenden Übertragung auf die Disziplinen im zweiten Kapitel und auf die literarischen Texte im fünften Kapitel.

Eine konzeptionelle Gewichtsverlagerung von bisweilen verzichtbaren historischen Verlaufsdarstellungen hin zu ausführlicheren Besprechungen dieser Einzelphänomene hätte sich zudem bereichernd auf die Informativität des Handbuchs auswirken können. Darüber hinaus dürfte es sicherlich auch der Akzentsetzung im fünften Kapitel geschuldet sein, dass sich nicht der Eindruck wechselseitiger Beziehungen zwischen Literatur und Wissenschaften einstellt, sondern lediglich der einer Einflussnahme der Wissenschaften auf Literatur, obwohl die Herausgeber mehrfach die Wechselseitigkeit des Verhältnisses betonen. Der Leser, der auf eine Illustration dieser Beziehung Wert legt, hätte sich als Ausgleich zur Zusammenstellung ausschließlich literarischer Texte auch exemplarische Lektüren wissenschaftlicher Texte im Hinblick auf literarische Gestaltungsmittel als erkenntnisfördernde oder -vermittelnde Verfahren gewünscht wie etwa Charles Darwins On the Origin of Species oder wie die auf Breitenwirksamkeit ausgelegten Werke Albert Einsteins und Leopold Infelds (etwa Die Evolution der Physik), Johann Heinrich Helmuths Volksnaturlehre zur Dämpfung des Aberglaubens oder Simon Singhs Fermat’s Last Theorem. Die rhetorische Qualität wissenschaftlicher Texte hätte so deutlicher herausgestellt werden können.

4. Entproblematisierung

Da man im Forschungsfeld zu Literatur und Wissen kaum davon sprechen kann, dass die problematisierenden Diskussionen als »überschaubar und abgeschlossen«[15] gelten, wie es für eine kodifizierende Publikation nach Schönert der Fall sein sollte, zeigt sich an dieser Stelle bereits ein Problem: Das Handbuch ist einer bestimmten Ausrichtung, nämlich der wissenspoetologischen, zuzuordnen. Es wird somit als eine von drei grob differenzierbaren methodischen Richtungen innerhalb des Forschungsfeldes neben dem (vornehmlich angloamerikanischen) analytisch-kunstphilosophischen sowie dem kulturwissenschaftlich-literatursemiotischen Ansatz Michael Titzmanns positioniert. Aufgrund dieser Ausrichtung – die nicht explizit bzw. umfassend gegen die anderen abgegrenzt oder begründet, aber dennoch implizit vorausgesetzt wird – ergeben sich mehrere Anschlussprobleme: Erstens kann der von den Herausgebern gleich zu Beginn formulierte und oben erwähnte Anspruch, »die Debatten vor[zustellen], die sich in den letzten 20 Jahren […] entfaltet haben« (1), so gar nicht umfassend erfüllt werden. Es ließen sich lediglich Fragen aus dem Bereich des eigenen Forschungsansatzes diskutieren, nicht aber übergeordnete Problemstellungen, die sich im gesamten Forschungsfeld zum Thema im Rahmen von beispielsweise methodischen Kontroversen ergeben. Aber selbst ein differenzierter Zugriff auf die Wissenshistoriographie als einen der wesentlichen methodischen Ansatzpunkte der Wissenspoetologie fällt leider dürftig aus. Der Leser erfährt also auch in Bezug auf Debatten im Bereich konkurrierender oder alternativer Historizitätskonzepte wenig, sieht sich aber stattdessen einem Voraussetzungsreichtum gegenübergestellt, der von der radikalen Historisierung und dem Begriff der Diskontinuität als Grundlagen einer nicht unproblematischen Variante der Wissenschaftsgeschichtsschreibung geprägt ist und der an keiner Stelle erläutert wird. Auf gewisse Weise wird damit durchaus Entproblematisierung betrieben, allerdings erscheint diese recht zweifelhaft: Indem die einzelnen Theoreme und Ansätze, die die Herausgeber und die Mehrzahl der Beiträger der eigenen Argumentation zugrunde legen, kaum kritisch reflektiert oder alternativen Ansätzen gegenübergestellt werden, wirken sie auf der Ebene der Metadebatte gefestigt. Dies entspricht jedoch mitnichten den Tatsachen.[16] Ein Leser, der einen Zugriff auf gesicherte Wissensbestände zu finden hofft und die Debatten im Einzelnen nicht kennt, könnte jedoch die wissenspoetologischen Auffassungen vom Untersuchungsgegenstand als »weithin akzeptiert« (s.o.) missverstehen und sich ein unvollständiges Bild des Forschungsstandes sowie des Forschungsfeldes aneignen.

Wenn an der einen oder anderen Stelle doch Bemerkungen zu alternativen Forschungsansätzen gemacht werden, so zeugen diese zweitens von einer wenig angemessenen Alleinstellungsbemühung um das eigene Vorgehen. Darin wird versucht, Implikationen und Forschungsergebnisse, die auf eine faktisch vorherrschende Methodenvielfalt zurückzuführen sind, als konsensuell verworfen darzustellen. So heißt es in dem für seine Zwecke zu einseitig geratenen Beitrag »Forschungsskizze: Literatur und Wissen nach 1945«, dass »Vorschläge, den Wissensbegriff auf Wahrheit und Logik zu verpflichten, […] einen Rückschritt gegenüber den klassischen Standpunkten der Historischen Epistemologie« bedeuteten und dass es »in der historiographischen Praxis von Literatur- und Wissenschaftsgeschichte heute kaum mehr kontrovers« sei, dass »die Geltung und Akzeptanz von Wissen, historisch betrachtet, […] von kulturellen Bedingungen der Produktion und Zirkulation und damit zugleich von wissensexternen Faktoren« abhingen (11). Die hier als »Rückschritt« zurückgewiesenen »Vorschläge« bezeichnen grundlegende Ansätze der analytischen Erkenntnistheorie, auf die sich die analytische Kunstphilosophie bezieht und die einen festen Bestandteil nicht nur angloamerikanischer Curricula im Philosophiestudium darstellt. Um sie derart infrage zu stellen, wird im Handbuch die notwendige argumentative Auseinandersetzung nicht geleistet.

Drittens zeichnet sich das methodische Vorgehen der Wissenspoetologie durch Eigentümlichkeiten aus, die nicht ohne weiteres vom einsteigenden Leser decodiert werden können. Das Handbuch weist eben diese Schwierigkeit nicht zuletzt aufgrund seiner ausbleibenden Selbstreflexion auf. Es fallen viele Schlagworte aus dem Voglschen und Foucaultschen Begriffsrepertoire, deren letzteres besonders dafür bekannt ist, sich einer umstandslosen Sinnzuschreibung zu widersetzen und dessen Erläuterung dennoch wenig Raum zugestanden wird. So werden etwa Ausdrücke wie »Wissensordnungen« (4), »biopolitisches Archiv« (123), »›normalistische‹ Normalität« (156) oder »Phänomentechnik« (319), letzteres ein Ausdruck von Gaston Bachelard, beiläufig verwendet oder es werden Aussagen mit Zitaten gebildet, die – anstatt eine paraphrasierende oder erklärende Funktion auszuüben – selbst der Erklärung bedürften. Ernst Müller beispielsweise beschreibt in seinem Beitrag »Denkfigur« Foucaults Verständnis des Begriffs mit dessen eigenen Worten: »Figuren […], die an der ›Oberfläche des Denkens einander überkreuzen‹, sind vom Diskurs unterschieden.« (29) Das Zitat lässt er dabei für sich sprechen. Was genau aber mit der ›Oberfläche des Denkens‹ gemeint ist und was eigentlich passiert, wenn sich dort etwas überkreuzt, wird nicht erläutert und es bleibt dem Leser überlassen, die Funktion und Bedeutung von Äußerungen wie diesen zu rekonstruieren.

5. Fazit

Das Handbuch Literatur und Wissen stellt sich für den einsteigenden aber auch für den fortgeschrittenen Leser als informative Publikation zur Beschreibung des komplexen Verhältnisses von Literatur, Wissen und Wissenschaft heraus. Es werden viele Ansatzpunkte geboten, um das eigene Forschungsinteresse zu vertiefen – etwa im Hinblick auf verschiedene wissenschaftliche Disziplinen, aber auch in Bezug auf literarische Werke. Dabei fallen jedoch die Einzelbeiträge in Bezug auf die Verständlichkeit, bisweilen aber auch auf die Informativität auffallend unterschiedlich aus. Der Blick auf einzelne Artikel kann unter Umständen gewinnbringender sein als die Nutzung des Handbuchs unter der Voraussetzung eines umfassenden Erkenntnisinteresses. Für eine zweite Auflage ist es wünschenswert, dass voraussetzungsreiche Prämissen und Formulierungen reduziert, im Allgemeinen auf eine bessere Verständlichkeit geachtet und der Fokus dahingehend erweitert wird, dass der eigene Ansatz nachvollziehbar im Forschungsfeld verortet und von anderen Ansätzen sinnvoll und reflektiert abgegrenzt wird.

Anmerkungen

[1] Jörg Schönert, Es muss nicht immer ein ›turn‹ sein. Typen und Funktionen kodifizierender Publikationen in der Germanistik 1970–2010, literaturkritik.de 7 (2010),

http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=14584 (25.8.2013). [zurück]

[2] Ebd. [zurück]

[3] Vgl. ausführlicher zu den zentralen Argumenten in der Debatte um ›Wissen in Literatur‹, die 2007/08 zwischen Tilmann Köppe, Roland Borgards, Andreas Dittrich und Fotis Jannidis geführt wurde, die Ausgaben der Zeitschrift für Germanistik N.F. 17 (2007) und 18 (2008). [zurück]

[4] Joseph Vogl, Robuste und idiosynkratische Theorie, KulturPoetik 7:2 (2007), 249–258, hier 258. [zurück]

[5] Ders., Für eine Poetologie des Wissen, in: Karl Richter/Jörg Schönert/Michael Titzmann (Hg.), Die Literatur und die Wissenschaften 1770–1830, Stuttgart 1997, 107–125, hier 114. [zurück]

[6] Georg Christoph Lichtenberg, Schriften und Briefe, hg. von Wolfgang Promies, Bd. 2 (Sudelbücher II, Materialhefte, Tagebücher), Heft K 312 (17931796), München 1994, 455. [zurück]

[7] Kuhn spricht hier von der »entire constellation of beliefs, values, techniques«. Vgl. Thomas S. Kuhn, The Structure of Scientific Revolutions, Second Edition Enlarged, Chicago 1970, 175. [zurück]

[8] Michel Foucault, Archäologie des Wissens, a. d. Franz. übers. v. Ulrich Köppen, Frankfurt a. M. 1981, 185. [zurück]

[9] Ebd., 184. [zurück]

[10] Carl F. Gethmann, Paradigma, in: Jürgen Mittelstraß (Hg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, Bd. 3. (P-So), Stuttgart/Weimar, 33–37, hier 33. [zurück]

[11] Bernd Blaschke, Was Literatur alles weiß. Ein interdisziplinäres Handbuch beobachtet Wissensgebiete und ihre Darstellungsverfahren, literaturkritik.de 8 (2013),

http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=18252 (25.8.2013). [zurück]

[12] Ebd. [zurück]

[13] Blaschke ist der Ansicht, »[m]an lernt hier sehr viel […]« (ebd.). [zurück]

[14] »Hier liest man Erhellendes über alte Diskursfelder […]« (ebd.). [zurück]

[15] Schönert, Es muss nicht immer ein ›turn‹ sein. [zurück]

[16] Auch wenn die Diskussion seit der letzten Kritik Gideon Stienings an der Wissenspoetologie von 2007 und 2008 nicht mehr mit derselben Verve wiederbelebt wurde, lässt sich nicht davon sprechen, dass sich die eine Forschungsrichtung gegenüber der anderen durchgesetzt habe. Eine kritisch-differenzierte Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zwischen Wissen und Literatur aus historischer und systematischer Perspektive, die sich an Einsichten der Analytischen Epistemologie orientiert, legte beispielsweise jüngst Benjamin Gittel vor: Ders., Lebendige Erkenntnis und ihre literarische Kommunikation. Robert Musil im Kontext der Lebensphilosophie, Münster 2013. Zur oben erwähnten Kritik siehe Gideon Stiening, Am »Ungrund« oder: Was sind und zu welchem Ende studiert man »Poetologien« des Wissens?, KulturPoetik 7:2 (2007), S. 234–248 sowie Ders., Schlechte Metaphysik? Zur Kritik der Wissenspoetologie. Streitgespräch mit Daniel Fulda (15. Göttinger Workshop zur Literaturtheorie, 20.06.2008), http://www.simonewinko.de/stiening_text.htm (11.11.2013). [zurück]

2013-12-02

JLTonline ISSN 1862-8990

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