Elisabeth Kampmann

Zugängliches, Allzu-Zugängliches

Julia Genz, Diskurse der Wertung. Banalität, Trivialität und Kitsch. München: Fink 2011. 381 S. [Preis: EUR 49,90]. ISBN: 978-3-7705-5055-5.

›Banal‹, ›trivial‹, ›kitschig‹ – diese Wertungen integriert Julia Genz in ihrer Habilitationsschrift Diskurse der Wertung in ein Modell, das Diskurse über die Zugänglichkeit literarischer oder künstlerischer Werke miteinander in Beziehung setzt. Die Arbeit besteht aus einem theoretischen Teil, in dem Diskursmodelle für Banalität, Trivialität und Kitsch entwickelt werden, und einem Anwendungsteil, in dem Genz die ästhetische Auseinandersetzung mit Banalem, Trivialem und Kitsch auf der Ebene von Texten und Autorinszenierungen an unterschiedlichen Beispielen aus der europäischen und amerikanischen Literaturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts untersucht.

1. Banalität, Trivialität und Kitsch im Diskursmodell

Die Studie nimmt ihren Ausgangspunkt von der Feststellung, dass die bisherige Forschung die Begriffe ›Banalität‹, ›Trivialität‹ und ›Kitsch‹ unzulänglich unterschieden hat, oftmals sogar synonym für abgewertete ästhetische Erzeugnisse in Stellung brachte. Genz gelingt es, die Begriffe nicht nur voneinander abzugrenzen, sondern sinnfällig miteinander in Beziehung zu setzen. Dazu bedient sie sich der übergeordneten Kategorie der Zugänglichkeit und differenziert: »Während Banalität sich auf soziale und mediale Zugänglichkeit bezieht, wird Trivialität in diesen Diskursen mit einer kognitiven Ebene und Kitsch vor allem mit Emotionen bzw. Gefühl und Sinnlichkeit in Zusammenhang gebracht.« (16) Als Gegenbegriffe schlägt Genz ›Exklusivität‹ (vs. ›Banalität‹), ›Komplexität‹ (vs. ›Trivialität‹) und ›Kunst‹ (vs. ›Kitsch‹) vor (vgl. 23). Es wird deutlich gemacht, dass die hier idealtypisch abgegrenzten Begriffe im Diskurs miteinander vermengt werden können, dass dies sogar der Regelfall ist. Bewusst randständig behandelt die Arbeit auch das Gegensatzpaar ›Schmutz und Schund‹ vs. ›Reinheit‹. Denn anders als die vorigen Begriffe, will diese Kategorie, als moralische »Dimension der Zugänglichkeit« (89), nicht ganz einleuchten: Die moralische Fragwürdigkeit von Texten korreliert nicht unbedingt mit der Zugänglichkeit dieser Texte, die diskursgeschichtlichen Argumentationen laufen hier quer zur Zugänglichkeitsfrage. Außerdem ist die ›Schmutz-und-Schund‹-Debatte insofern ein Sonderfall, als sie, z.B. von Pädagogen oder Juristen, vielfach außerhalb literarästhetischer Diskurse geführt wird, wie auch Genz einräumt.

Auf der Ebene der Diskurse unterscheidet Genz einen »Wertungsdiskurs«, der die Zugänglichkeit als »Allzu-Zugänglichkeit« ästhetischer Produkte ablehnend beurteilt, und einen »Integrations- oder auch Werbediskurs« (19), der die leichte Zugänglichkeit von Kulturgütern begrüßt. Der Diskursbegriff wird an Foucault zurückgebunden, wobei Genz besonders den Aushandlungs- und Zuschreibungscharakter von Wertungen in diesem Zusammenhang betont. Sie definiert Diskurs »als individualisierbare Gruppen von Aussagen, die besondere Strukturen innerhalb eines allgemeinen, abstrakten Diskurses aufweisen« (18). Die Diskurse werden von Genz im ›Sozialsystem Literatur‹ (nach Siegfried J. Schmidt) verortet (ebd.). Das irritiert insofern, als bereits mit der oben genannten Definition des Diskursbegriffs literarästhetische Diskurse von solchen, die nicht die Literatur betreffen, hätten abgegrenzt werden können. Auf die Ebene des Sozialsystems Literatur gebracht, entstehen bei der Diskursanalyse neue Probleme: Wie lassen sich etwa die von Pädagogen und Publizisten geführten Debatten diskursanalytisch auf das Literatursystem und seine Handlungsrollen beziehen? Welche Sonderrolle nehmen Verleger ein, die als Unternehmer auch einer ökonomischen Handlungslogik folgen? Diese komplexen Bezüge zwischen den Handlungsrollenträgern und anderen Diskursteilnehmern hätten stärker problematisiert werden müssen, um Schmidts ›Sozialsystem Literatur‹ für die Studie fruchtbar zu machen – oder als Theoriebaustein zu verwerfen.

Die Trennung von Wertungs- und Integrationsdiskurs ist plausibel dargestellt, suggeriert aber, dass Komplexität und schwere Zugänglichkeit einstimmig als Kennzeichen für Kunst gelten können, eine leichtere Zugänglichkeit hingegen höchstens die noch ungeübten Rezipienten an die Kunst heranführen soll. Dabei gibt es bekanntlich Diskursstränge, die gerade die Publikumsferne und Exaltiertheit der Avantgarden abwerten und eine zugängliche, volks- oder bürgernahe Kultur einfordern, sich zugleich aber vehement gegen die ›Kulturindustrie‹ abgrenzen. Ein Text wie Hans Sedlmayrs Verlust der Mitte, 1948 erschienen und bis in die 1960er Jahre hinein einflussreich, kann hier exemplarisch stehen. Dies ist natürlich auch Genz bewusst und in ihren differenzierten Analysen im Untersuchungsteil kommen Ambivalenzen und Zwischentöne zur Sprache, die bei der Modellbildung im Theorieteil noch nicht berücksichtigt wurden.

Das Referat des Forschungsstands ist nach den Begriffen ›Banalität‹, ›Trivialität‹ und ›Kitsch‹ gegliedert. Das erleichtert die selektive Lektüre, auch wenn es verwundert, da der vorangestellte Befund zur Forschungslage derartig war, dass diese Begriffe bislang nicht hinreichend voneinander abgegrenzt wurden. Durch diese Aufspaltung der Forschungsliteratur entscheidet sich die Autorin gegen einen Überblick zur Popularitäts- oder Popularisierungsforschung, die den gemeinsamen Nenner ›Zugänglichkeit‹ thematisiert, was einerseits schade ist, andererseits auch nicht Ziel der Studie war und durch andere Publikationen in den letzten Jahren weitgehend geleistet wurde. Dafür finden sich im Forschungsüberblick interessante historische und etymologische Bezüge zu den Leitbegriffen.

Die eindeutige Stärke des Theorieteils liegt darin, prägnant und plausibel die Begrifflichkeiten ›Banalität‹, ›Trivialität‹ und ›Kitsch‹ voneinander abzugrenzen und auf die Zugänglichkeit von Kulturgütern zu beziehen. Das entwickelte Modell der »Dimensionen der Zugänglichkeit« wirkt in seiner Einfachheit elegant und einleuchtend: Genz unterscheidet vier Dimensionen der Zugänglichkeit (1. »sozial/medial«, 2. »kognitiv/intellektuell«, 3. »ästhetisch« und 4. »moralisch«) und ordnet ihnen die Pole 1. »Banalität« – »Exklusivität«, 2. »Trivialiät« – »Komplexität«, 3. »Kitsch« – »Kunst« und 4. »Schmutz & Schund« – »Reinheit« zu (89). Dieses Modell kann sicher auch für nachfolgende diskursanalytische Studien nützlich sein, um komplexe und heterogene Argumentationen der Quellentexte strukturiert zu analysieren.

Zu den instruktivsten Partien dieser Studie über Zugänglichkeit gehört ein Scharnierkapitel zwischen Theorieteil und Untersuchungsteil, das die »[l]iteratur- und kulturgeschichtlichen Voraussetzungen« für eine »Anwendung der Zugänglichkeitstheorien auf literarische Texte« vorstellt (91). Hier schildert Genz die gegenläufigen Prozesse einer Banalisierung des Buches bei gleichzeitiger Exklusivierung von Autorschaft Ende des 18. Jahrhunderts. Auch mit Blick auf die Dedikationspraxis im 18. Jahrhundert zeigt Genz Banalisierungstendenzen auf:

Mit dem Verschwinden des höfisch-elitären Publikums und dem damit zusammenhängenden Unverständlichwerden des rhetorischen Kodes kommt es zu einer ›Banalisierung‹ der Widmung, die nun nicht mehr einem einzelnen Fürsten gilt, sondern einer Gruppe: Der ständische Dichter als Nachfolger des höfischen Dichters widmet sein Werk innerhalb der Ständegesellschaft einem bekannten Lesepublikum.

(94f.)

Daraufhin vollzog sich bekanntermaßen Ende des 18. Jahrhunderts der nächste Schritt, die Hinwendung des Autors zum unspezifischen Publikum, zur Öffentlichkeit. Die Souveränität, die der Autor mit dem Ende der Ständegesellschaft gewinnt, indem er weitgehend unabhängig von Mäzenen schreiben kann, muss er gegenüber den Publikumserwartungen immer wieder verteidigen, was zur Exklusivierung der Autorfunktion führen kann, wie Genz auf der Basis der Thesen von Thomas Nipperdey und Kaspar Maase ausführt.

Hieran lassen sich, was die Bedeutung von Autor und Autorschaft für die Zugänglichkeit von Literatur betrifft, spannende Frage anknüpfen. Gegenüber der anonymen Produktion von Heftchenromanen mag die Emphase der Autorschaft zwar durchaus als Ausweis des ›Höhenkamms‹ gelten. Wie aber ist in dem Modell zu erklären, dass gerade die populäre Rezeption von Literatur oftmals über die Person des Autors läuft? Schließlich wird die Aura des Autors einerseits vom Buchhandel genutzt, um über Lesungen oder Prominenz in den audiovisuellen Medien neue Käufer für ein Buch zu finden. Andererseits dienen Fragen nach der Biographie des Autors oder seiner ›ureigensten Intention‹ beim Schreiben des Buches vielfach gerade einer gesteigerten Zugänglichkeit der Texte, von der sich die ›professionellen Leser‹ in Literaturkritik und -wissenschaft abgrenzen. Solche Ambivalenzen werden von Genz zwar nicht in ihrer Reichweite für das Modell diskutiert, aber im Untersuchungsteil durchaus beschrieben.

2. Zugänglichkeitsdiskurse in der Literatur

Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Verwertung bzw. Abgrenzung von Banalitäten, Trivialem und Kitsch in den künstlerischen Medien. Um die unterschiedlichen Ebenen, auf denen eine Auseinandersetzung mit Banalität, Trivialität und Kitsch stattfinden kann, auseinander zu halten, wird hier ein neuer theoretischer Bezugspunkt eingeführt: Analog zu Roland Barthes’ Mythentheorie entwickelt Genz eine semiotische Kette, die die Literatur als Metasprache über den »B/T/K-Diskurs« setzt. Dies erläutert den Stellenwert, den Banales, Triviales und Kitschiges im Medium Literatur einnehmen können: »Wenn Kunst Banalität als künstlerische Strategie einsetzt, wird alltagssprachliche Banalität zur Objektsprache im System Kunst.« (105) Erzählungen des Banalen müssen mitnichten selbst banal sein. Ihren Rückgriff auf Barthes erklärt Genz mit den Ähnlichkeiten der beobachteten Diskurse mit dem Mythos, den Barthes untersucht hat:

Im Bestreben dieser Diskurse, objektive, unveränderliche Eigenschaften bei ihren Betrachtungsgegenständen festzustellen, ähneln sie der mythischen Aussage, obwohl sie wie diese immer schon historisch sind. Auch sind sie, wie der Mythos, formal bestimmt, d.h. jeder beliebige Inhalt kann als banal, kitschig oder trivial rezipiert werden.

(103)

Ihre Beispiele bezieht die Untersuchung aus der westeuropäischen und amerikanischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts, im Fall von Roberto Benignis La vita è bella wird ein Film untersucht. Dabei bietet der Anwendungsteil immer wieder interessante Ausblicke auf die bildenden Künste und auf Alltagsgegenstände. Auch wenn das Korpus zunächst sehr disparat wirkt und als Korpus nicht explizit legitimiert wird, gelingt es Genz, den paradigmatischen Status der gewählten Beispiele für einzelne Aspekte der Zugänglichkeit durch ihre Analysen deutlich zu machen und zu zeigen, wie weitreichend ihre Überlegungen zum diskursiven und metasprachlichen Umgang mit Zugänglichkeit sind. Der Untersuchungsteil ist in drei Partien untergliedert: »Banalitätensammler«, »Erzählungen der Zugänglichkeit« und »die Selbstdarsteller«, und deckt damit verschiedene Spielformen eines ästhetischen und inszenatorischen Umgangs mit Zugänglichkeit ab.

Ausgangspunkt für das Kapitel »Banalitätensammler« ist die Beobachtung, dass die Autorfunktion im 19. Jahrhundert zwischen dem »exklusiven Anspruch auf ›Werkherrschaft‹ und der Anpassung an den Lesergeschmack eines Massenpublikums« vagiert (115). »Ändern sich«, so fragt Genz, »auch die Bewertungskriterien für die als banal, trivial und kitschig abgewerteten urheberlosen Versatzstücke«, wenn Autoren zu deren »Kompilatoren« werden (ebd.)? Dieser Frage, die für zentrale Debatten der modernen und postmodernen Werke Relevanz hat, nähert sich die Studie mit sorgfältigem Blick auf die ausgewählten Beispiele. Genz führt entlang ihrer Leitfragen durch die Texte und Werke, ohne sich in abgelegenen Details zu verfangen. In den »Erzählungen der Zugänglichkeit« wählt sie nach Gustave Flauberts Satire auf die Dilettanten der Wissenschaften und Künste, Bouvard et Pécuchet, die Holocaustdarstellungen in Imre Kertész’ Roman eines Schicksallosen und Ruth Klügers Weiter leben. Wo sich die literarischen Werke mit Fragen der Zugänglichkeit und Unzugänglichkeit von Informationen, Schrecknissen und individueller Perspektive auseinandersetzen, fokussiert eine Analyse von Benignis La vita è bella die emotionale Zugänglichkeit, den Kitsch. Genz begründet die Wahl des Gegenstands Holocaustdarstellung damit, dass diese »zwischen zwei Polen« angesiedelt ist:

Zum einen muss sie der Banalisierungsstrategie der NS-Täter entgegenwirken, die auf eine Entindividualisierung der Opfer setzt, zum anderen ist sie an einer möglichst breiten Rezeption interessiert und darf aus diesem Grund die sozialen und kognitiven Zugänglichkeitskriterien nicht ganz außer Acht lassen.

(171)

Die darauf folgende Untersuchung von Bret Easton Ellis’ American Psycho und Christian Krachts Faserland verortet die Zugänglichkeitsdiskurse sowohl diegetisch als auch im Spiel mit Gattungs- und Genrezuordnungen:

Bret Easton Ellis lotet über die Medialität der Massenmedien die Grenze zwischen Exklusivität und Banalität des Populären aus und geht dabei von einer immer schon gefährdeten Exklusivität aus. Dieser Versuch wird vordergründig anhand der Genremuster des Mainstreamfilms erzählt, jedoch so, dass die erwarteten Muster verfremdet werden. Im Gegensatz dazu thematisiert Christian Kracht eine soziale Allzugänglichkeit, die über die mediale Zurichtung als Ort- und Heimatlosigkeit erscheint. Die rastlose Reise durch normierte und anonymisierte Räume, die dem Erzähler penetrant ihre Zugänglichkeit aufdrängen, gerät zur Erfahrung der Banalität, in der selbst Exklusivität immer schon banalisiert ist.

(241)

Krachts Faserland interpretiert Genz konsequent und erhellend vor dem Hintergrund von Marc Augés Orte und Nicht-Orte und kommt zu dem Schluss:

Nicht-Örtlichkeit wird zum Strukturprinzip des Romans: Ganz Faserland als fiktives Deutschland erhält so den Status eines Nicht-Ortes, in dem die Raumerfahrung mittels Technik eliminiert wird und durch Texte ersetzt wird. Die Texte der Nicht-Orte, die sich an jeden Beliebigen richten, erzeugen den ›Durchschnittsmenschen‹ als Benutzer dieser Räume.

(228f.)

Die exemplarischen Studien zu so unterschiedlichen Strategien im Umgang mit Banalität, Trivialität und Kitsch wie Georg Büchmanns Geflügelte Worte, Kurt Schwitters’ Banalitätensammlungen, Holocaustdarstellungen in Prosa und Film oder Stefan Georges Autorinszenierung sind allesamt sehr lesenswert und greifen Aspekte der Zugänglichkeit auf unterschiedlichen Textebenen heraus. Dabei hätte man sich an manchen Stellen allerdings die Einbeziehung des aktuellen Forschungsstands (zu Autorschaft und Autorinszenierung etwa fehlen zentrale Sammelbände der letzten Jahre) und mehr Stringenz im analytischen, z.B. erzähltheoretischen, Instrumentarium gewünscht (z.B. »buchinterne[] Gesellschaft« [190] bzw. »extradiegetische[] Ebene« [194]).

3. Fazit und Ausblick

Die Studie von Genz lädt dazu ein, ihren »Perspektivenwechsel« mit zu vollziehen und Banalität, Trivialität und Kitsch »als Bestandteile von Diskursen« zu verstehen, »die in ein umfassendes Ästhetikmodell integriert werden« (339). Die komparatistische Perspektive ist erfrischend und wirft interessante Fragen für nachfolgende Untersuchungen auf: Ist z.B. der Umgang mit Kitsch in Frankreich und Deutschland vergleichbar, gibt es nationale oder historische Besonderheiten? Wie geht etwa die französische Kultur mit Kitschfragen um, die, verglichen mit der deutschen, keine derart offensichtlichen kulturpolitischen Brüche zu verzeichnen hat? Spannend wäre auch ein Blick darauf gewesen, wie sich die Zugänglichkeitsdiskurse der sozialistischen Kulturpolitik modellieren lassen – zugegeben, angesichts der ohnehin schon großen Menge und Disparität des untersuchten Materials ein vermessener Wunsch. Aber gerade die Offenheit, mit der Genz unterschiedliche kulturelle Phänomene in komparatistischem Zugriff untersucht, macht neugierig auf mehr.

Einen kleinen Schwachpunkt der Arbeit sehe ich darin, dass Genz zwar selbst nicht wertend die Wertungs- bzw. Werbediskurse beobachten möchte, jedoch an manchen Stellen normative und pauschale Bestimmungen zur Illustration ihres Theoriedesigns vornimmt und damit auf der Beobachterebene zweiter Ordnung die Topoi der beobachteten Diskurse weiterschreibt. Als Beispiel mag folgende Passage gelten, in der der kulturkritische Vorbehalt gegenüber der Unterhaltungskultur als Massenkonsum durchscheint: »Pop- und Konsumkultur geben sich beispielsweise als leicht zugänglich, indem sie möglichst viele Menschen als Konsumenten einbeziehen wollen.« (25) An anderer Stelle wird eine These angeführt, die der Diversität der modernen Literatur nicht gerecht wird: »Das Dilemma der modernen Literatur besteht darin, im Zeitalter einer Massengesellschaft exklusiv sein zu wollen.« (341) Obwohl im Theorieteil der Zuschreibungscharakter von Begriffen wie ›Kitsch‹ und ›Kunst‹ betont wird, ist im weiteren Verlauf der Arbeit auch auf der Beschreibungsebene von ›Kunst‹ die Rede, ohne, dass diese Zuschreibung wiederum problematisiert wird. Ebenso werden Begriffe wie ›Moderne‹, ›Popliteratur‹ oder die Beschränkung des Korpus auf ›abendländische‹ Literaturen gesetzt, ohne diskutiert zu werden. Da der Fokus der Arbeit jedoch nicht auf dieser Problematik liegt und die unbekümmerte Verwendung dieser Begriffe nicht der argumentativen Stärke der Arbeit abträglich ist, sollte man das Monitum nicht zu stark gewichten.

Genz führt sehr einleuchtend vor, welche unterschiedlichen Facetten von Ästhetik durch die Zugänglichkeitsdiskurse betroffen sind und wie produktiv die künstlerische Auseinandersetzung mit Banalität, Trivialität und Kitsch ist. Mit Vergnügen und Gewinn liest man die einzelnen Darstellungen im Untersuchungsteil, weil sie mit kulturgeschichtlichem Wissen angereichert sind, ohne dass das jeweilige Werk aus dem Blick gerät. Trotz der erwähnten kleineren Schwächen liefert die Arbeit wichtige Anstöße, den diskursiven Stellenwert der Zugänglichkeit für Kulturgüter weiter zu untersuchen. Dabei könnten auch Fragen der paratextuellen Gestaltung und Vermarktung von Literatur ins Blickfeld rücken, denen sich die vorliegende Arbeit noch nicht zuwenden konnte: Welche Rolle spielen etwa Illustrationen oder eine dezente bzw. reißerische Aufmachung eines Buchs für die Verhandlungen über die Zugänglichkeit des Textes? Wie sind hinsichtlich des Banalitätsdiskurses Medien wie z.B. Postkarten zu bewerten, die sowohl von den künstlerischen Avantgarden genutzt werden als auch Teil einer allgemein zugänglichen Alltagskultur sind? Für diese Fragen der Popularitätsforschung liefert die Studie von Genz einen hilfreichen Vorschlag zur Präzisierung der Begriffe. Hervorzuheben ist schließlich noch der unprätentiöse Stil der Studie, der die Lektüre zugänglich macht – ohne zu banalisieren.

Dr. Elisabeth Kampmann

Ruhr-Universität Bochum

Germanistisches Institut

2012-06-04

JLTonline ISSN 1862-8990

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