J. Alexander Bareis

Alter Wein in neuen Schläuchen

Georg Weidacher, Fiktionale Texte – Fiktive Welten. Fiktionalität aus textlinguistischer Sicht. (Europäische Studien zur Textlinguistik 3) Tübingen: Gunter Narr 2007. 165 S. (Preis: EUR 39,90). ISBN: 978-3-8233-6254-8.

Fiktion ist ein Grundproblem der Literaturtheorie. Dabei ist Fiktion bei weitem nicht auf die Literatur beschränkt, wenngleich insbesondere die Literaturwissenschaft eine gewisse Neigung zeigt, das literarische Erzählen als paradigmatischen Fall der Fiktion zu verstehen. Dieser Neigung entspricht auch der Beitrag aus der Textlinguistik von Georg Weidacher, der Fiktion ebenfalls als primär literarisches Phänomen diskutiert. Zwar finden sich bisweilen auch einige Referenzen zu Film und Fernsehen sowie anderen Medien in seinem Beitrag zur langen Diskussion, doch im Grunde beschäftigt sich Weidacher allein mit der Fiktionalität des literarischen Erzählens, ohne dies jedoch explizit zu begründen oder zu problematisieren, und er verpasst damit leider die Chance, der Literaturtheorie den benötigten Input von außen zu geben, der gerade im Bereich der Fiktionstheorie besonders wünschenswert erscheint.

1. Zeitpunkt der Veröffentlichung

Bei Weidachers textlinguistischen Untersuchungen zur Theorie der Fiktion handelt es sich allem Anschein nach um eine leicht veränderte Ausgabe der Dissertation von Weidacher aus dem Jahre 2002. [1] Dies ist deshalb wichtig, weil sich die Forschung zur Theorie der Fiktion in der Literaturwissenschaft, aber auch in angrenzenden Fächern in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt hat. Insbesondere die umfassende Arbeit von Frank Zipfel aus dem Jahr 2001 ist im Grunde für jeden Forscher im Feld unumgänglich, wird im Buch Weidachers aber nicht einmal erwähnt. [2] Damit ist auch bereits der gewichtigste Punkt angesprochen, den es in Bezug auf diese Veröffentlichung gleich zu Beginn festzuhalten gilt: Die Arbeit Weidachers ist auf dem Forschungsstand des Jahres 2000, auch wenn sich die eine oder andere bibliographische Referenz auf Arbeiten aus dem Jahr 2001 finden lässt. [3] Dass die Arbeit Zipfels, die 2001 erschienen ist, nicht für die Dissertationsausgabe aus dem Jahre 2002 eingearbeitet werden konnte, ist deshalb nachvollziehbar. Nicht verständlich ist, dass jeglicher Hinweis auf das frühere Entstehen der Arbeit fehlt. Hat man sich erst einmal über diesen Umstand hinweggesetzt und Weidachers Buch als einen Beitrag zum Stand der Diskussion vor 2001 akzeptiert, wird man aber ohnehin um den Befund nicht herumkommen, dass Weidachers Dissertation hinter der fast zeitgleich oder eigentlich sogar ein Jahr zuvor erschienen Arbeit von Zipfel bei weitem zurückbleibt. Dies ist allerdings vor allem dadurch zu erklären, dass die Abhandlung Zipfels zur Theorie der Fiktionalität derzeit als Standardwerk betrachtet werden muss und an Gründlichkeit und Umsichtigkeit in einem gelinde ausgedrückt schwer zu durchforstenden Forschungsgebiet kaum zu übertreffen ist.

2. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit

Die Zielsetzung der Arbeit Weidachers ist hoch, sie soll »ein in sich stimmiges, auf alle Arten von Texten anwendbares und die neuesten Erkenntnisse der Kognitionswissenschaft berücksichtigendes Modell der Rezeption fiktionaler Texte und zugleich auch des Phänomens der Fiktionalität an sich sein.« (Weidacher 2007, 12). Um diesem Ziel gerecht zu werden, stellt Weidacher zunächst acht Thesen auf, die darauf hinauslaufen, Fiktionalität zunächst als »pragmatische Zuschreibung« zu betrachten, »die aber ein Rezipient oder Produzent nicht völlig frei und willkürlich vollziehen kann« (ebd.). Daraus folgert er, dass diese pragmatische Zuschreibung dem Text nicht inhärent sei, sondern erst im Zuge eines Kommunikationsprozesses zugeschrieben wird. Gleichzeitig weisen auch fiktionale Texte Referenz auf, jedoch auf eine »›nicht-klassische‹« Weise (13). Notwendige und/oder hinreichende sprachliche oder anderweitig manifestierte Merkmale für fiktionale Texte schließt Weidacher aus, woraus die daran anschließende These gewonnen wird, dass nicht immer eine klare »Abgrenzung bzw. Bestimmung möglich« sei (ebd.). Denn nur wenn die Zuschreibung sowohl auf Seiten des Autors/Senders als auch seitens des Lesers/Rezipienten erfolgreich durchgeführt wurde, kann von gelungener fiktionaler Kommunikation ausgegangen werden.

Um diese Thesen zu untermauern, geht Weidacher auf folgende Weise vor: Zunächst untersucht er im 2. Kapitel unter der Rubrik »Präliminarien zum Fiktionalitätsbegriff« einige grundlegende Problemstellungen, denen jede Theorie der Fiktion begegnen muss: Unter anderen das Verhältnis von Fiktion und Lüge, Fiktion und Wahrheit, Fiktion und Wirklichkeit, Fiktion und Virtualisierung, das Verhältnis der Adjektive ›fiktiv‹ und ›fiktional‹ zueinander sowie abschließend das Verhältnis von Fiktion und Literatur. Daran anschließend werden im dritten Kapitel einige ausgewählte fiktionstheoretische Ansätze diskutiert, von referenzsemantischen Aspekten über Possible-Worlds-Theorien bis zu pragmatischen Sprachhandlungstheorien, sowie abschließend das Modell des Literaturtheoretikers Jürgen H. Petersen. Im vierten Kapitel entwickelt Weidacher die kommunikationstheoretischen und kognitionslinguistischen Grundlagen seines eigenen Ansatzes, um im anschließenden fünften Kapitel eine »kommunikationswissenschaftlich fundierte Fiktionalitätstheorie« zu präsentieren, die im sechsten Kapitel in Bezug auf die »Funktionen von Fiktionalität bzw. fiktionalen Texten« diskutiert wird.

3. Zur Argumentationsweise

Weidacher setzt sich zunächst einmal, geleitet von seinen Thesen, mit den immer wiederkehrenden Grundfragen der Fiktionstheorie auseinander, wie beispielsweise der Frage nach dem Verhältnis von Fiktion und Wahrheit. Erstaunlicherweise, und dies ist eine Argumentationsstrategie, die an einer Reihe von Stellen wiederkehrt, bedient sich Weidacher bei der Diskussion um theoretische Positionen wiederholt fiktionaler Texte als Träger von Wahrheit, Wissen und Erkenntnis, ohne diese problematische Argumentationsweise ausreichend zu hinterfragen. So bedient sich Weidacher beispielsweise der fiktionalen Vorlage Baudolino von Umberto Eco, um das Verhältnis von Fiktion und Gesellschaft im Mittelalter zu exemplifizieren. Weidacher weist zwar an dieser Stelle darauf hin, dass es sich »bei dem zitierten Romanausschnitt um einen fiktionalen Text handelt. Dennoch kann man davon ausgehen, dass Eco hier eine für das Mittelalter nicht untypische Haltung gegenüber Texten und ihrem Anspruch an Wahrheit wiedergibt« (24). Nun ist es zweifelsohne so, dass aus fiktionalen Texten Wissen in Hinblick auf die reale Welt gewonnen werden kann. Im Rahmen einer wissenschaftlichen Dissertation zur Theorie der Fiktion, zumal im Kapitel »Fiktion und Wahrheit«, ist es aber ausgesprochen unglücklich, dieses nicht unproblematische Verhältnis von Fiktion und Wissen ohne weitere Diskussion auszublenden. Sicherlich kann man mit Hilfe nichtfiktionaler Quellen die Angaben in Ecos Roman überprüfen und abgleichen, fraglich bleibt aber stets, ob (und dies ist bei einem gerade auch fiktionstheoretisch extrem kundigen Autor wie Eco grundsätzlich nicht auszuschließen) neben der Wahrheitsvermittlung nicht auch noch andere Ziele mit der fiktionalen Vorlage verfolgt werden. Dies ist niemals ganz auszuschließen, während derartige Möglichkeiten bei nichtfiktionalen Texten mit ständigem Referenzialisierungsanspruch stark eingeschränkt sind. Es ist folglich sicherer, mittels nichtfiktionaler Texte nichtfiktionale Umstände zu beschreiben, anstatt wie Weidacher zu versuchen, die Wirklichkeit mit Hilfe von Fiktion wissenschaftlich zu beschreiben.

Zudem: Wenn man ohnehin stets gezwungen ist, die fiktionale Vorlage in Hinsicht auf ihre Zuverlässigkeit im Vergleich mit nichtfiktionalen Quellen zu überprüfen, warum dann nicht gleich die nichtfiktionale Quelle verwenden? Wäre dies das einzige Beispiel für eine derartige Argumentationsweise in der vorliegenden Arbeit, könnte man darüber problemlos hinwegsehen, doch Weidacher greift auf diese Art der Argumentation immer wieder zurück: Das potentielle Falschverstehen oder Übersehen paratextueller Kennzeichen von Fiktion wird mittels einer Erzählung Faulkners exemplifiziert, in der ein junger Mann durch die Lektüre von Groschenromanen zum Verbrecher wird (vgl. 28). Im Kapitel »Wirklichkeit als Fiktion?« wird Alice im Wunderland als exemplarischer Beleg für die potentielle Fiktionalisierung von Wirklichkeit angeführt: »In gewissem Sinn geht es uns da wie Alice«, konstatiert Weidacher (33) und umreißt in metaphorischer Weise die Position des Radikalen Konstruktivismus: »Wir dagegen befinden uns zwar auch in einer Welt, die von den Medien geprägt wird, aber im Grunde sind wir es selbst, die wir uns und unsere Welt träumen, wenn auch unter Anleitung der Medien und unserer sozialen Umgebung« (33). [4]

Ein weiteres Beispiel der angesprochenen Argumentationsweise ist die Exemplifizierung der Abduktion mittels eines Zitats aus Canon Doyles Sherlock-Holmes-Geschichten (vgl. 80), oder die Beschreibung der Rezeption und Interpretation fiktionaler Texte anhand der innerfiktionalen Rezeption der im Drama erzählten Parabel, die Fiesko in Schillers Die Verschwörung des Fiesko zu Genua erzählt, was dann Gültigkeit beansprucht für die Beschreibung der Funktionen und Vorgänge der Rezeption und Interpretation fiktionaler Werke.

Abschließend, und hier wird dies nun als Bestätigung dafür angeführt, dass fiktionale Texte tatsächlich »direkt auf die Wirklichkeit angewendet werden können« (144), zitiert Weidacher ein (fiktives, weil niemals tatsächlich stattgefunden habendes) gemeinsames Abendessen in Cambridge, an dem im Jahr 1949 Wittgenstein, Turing, Haldane und Schrödinger einer Erzählung von John L. Casti zufolge teilgenommen haben, als Beweis dafür, dass man als Leser fiktionale Texte durchaus ernst nehmen und als relevante Aussagen über und für die Wirklichkeit behandeln kann. Dies ist sicherlich richtig und eine mögliche Funktion von Fiktion, wenngleich, wie Weidacher ebenso richtig feststellt, nicht die Hauptfunktion. Jedoch ist dieser Sachverhalt letztendlich nicht so unproblematisch, wie dies in der vorliegenden Arbeit angenommen zu werden scheint. [5] In der Tat scheint es mir in vielerlei Hinsicht ein großer Unterschied zu sein, ob man sein Wissen aus nichtfiktionalen Texten bezieht oder dies aus fiktionalen Quellen tut. Dies hat neben der potentiellen Unzuverlässigkeit von fiktionalen Erzählern eine Reihe weiterer Gründe, die hier nicht im Detail angeführt werden können; Grundsätzlich bleibt aber der stets aussetzbare Wahrheits- und Referenzialisierungsanspruch fiktionaler Literatur das hauptsächliche Argument dafür, Wissen aus fiktionaler Literatur mit gebührender Vorsicht zu verwenden. Hinzu kommen die potentiell anderen Absichten und Funktionen fiktionaler Literatur, die möglicherweise eine Hinführung auf die Wirklichkeit überlagern und verändern. Gerade deshalb ist meines Erachtens bedenklich, dass Weidacher in seiner wissenschaftlichen Abhandlung immer wieder mit Hilfe fiktionaler Texte argumentiert, ohne diese Argumentationsweise hinreichend zu problematisieren.

4. Zur Theorie

Weidacher entwickelt eine Theorie der Fiktionalität, die mit Hilfe einer pragmatisch bestimmten Kommunikationssituation die Andersartigkeit der Referenz fiktionaler Literatur zu erklären versucht. Referenz fiktionaler Literatur geschieht mit Hilfe eines sog. fiktionalen Modus, den Weidacher unter Rückgriff auf kognitionswissenschaftliche Ansätze in unterschiedliche »field[s] of reference« (134) einteilt, wodurch die Andersartigkeit fiktionaler Referenz erklärt werden soll. Zwar gelingt es Weidacher hier, mit dem ›general similarity principle‹ von Saeed und dem ›Raumöffner‹ von Fauconnier gewisse Rezeptionsabläufe in Zusammenhang mit fiktionalen Texten darzustellen, insbesondere das ›Treiben‹ unterschiedlicher Bezüge in verschiedene ›mental spaces‹ (vgl. 135). Dieses Treiben ermöglicht Referenzen unterschiedlicher Felder in kognitiven Prozessen zusammenzulaufen – das zunächst geschlossene Feld der Fiktion wird durch Wirklichkeitsreferenzen ergänzt, wo dies als sinnvoll und/oder ökonomisch erscheint. Dies ist zwar eine einleuchtende Beschreibung dafür, weshalb beispielsweise das London in den Geschichten um Sherlock Holmes wohl als dem tatsächlichen London entsprechend von Rezipienten vorgestellt wird, doch sind Beschreibungen für diese Art von Phänomen in der analytischen Philosophie und Literaturtheorie spätestens seit Ende der 1980er und Anfang der 1990er bekannt, und zwar als ›reality principle‹, ›mutual believe principle‹ und ›principle of minimal departure‹. [6]

Grundsätzlich ist die Gretchenfrage der Fiktionstheorie damit nicht gelöst. Denn um diese kognitiven Vorgänge überhaupt erst einmal ablaufen lassen zu können, bedarf es eines Vorwissens. Zwar setzt Weidacher dieses Wissen dadurch voraus, dass er die fiktionale Rezeption stets in eine Kommunikationssituation einbettet, aber damit ist man letztendlich wieder am Anfangspunkt angekommen und die Argumentation zirkulär: Fiktion evoziert eine Art von besonderer Referenz, die nur in einer Kommunikationssituation auftritt, in der man bereits weiß, dass sie eine Fiktion hervorrufende ist. Denn hinreichende und notwendige Kennzeichen der Fiktionalität schließt Weidacher – durchaus richtig und in Einklang mit der derzeitigen Forschung – aus.

Eine weitere problematische Einschätzung in der Theorie Weidachers ist die Konsequenz, dass es »Schattierungen von Fiktionalität zu geben scheint« (139). Eine klare »Abgrenzung bzw. Bestimmung« (141) von Fiktionalität ist in seinem theoretischen Modell unmöglich und stets von einer erfolgreichen »kommunikative[n] Äquilibrierung« (ebd.) im Rahmen der Kommunikationssituation abhängig. Dies ist natürlich ein unbefriedigendes Ergebnis, insbesondere deshalb, weil die Rede von Graden oder Schattierungen der Fiktionalität von der eigenen Begriffsbestimmung in Kapitel 2.4 (»Fiktiv vs. Fiktional«) unterlaufen wird. Dort wird nämlich, wie in der Mehrheit der derzeitigen Beiträge zur Fiktionstheorie, die terminologische Unterscheidung getroffen, dass das Adjektiv ›fiktiv‹ sich auf den ontologischen Status bezieht, während ›fiktional‹ »Textwelten zugeschrieben« (38) wird und damit in Bezug auf die Gesamtheit der Darstellung oder des Werkes zu verstehen ist. Daraus folgt, dass auch alle Teile dieser fiktionalen Welt selbst als fiktional gelten, während dies in Hinblick auf die Fiktivität nicht in gleichem Maße für alle Teile gelten muss – das Verhältnis von fiktiven und nicht-fiktiven Elementen kann durchaus gemischt sein. Wenn Weidacher schließlich selbst von »Schattierungen von Fiktionalität« (139) und nicht etwa Fiktivität spricht, hebt er somit seine eigene Terminologie auf. Zwar stellt Weidacher in diesem Zusammenhang eine »Möglichkeit zur Lösung dieses Problems« (139) in Aussicht, indem er von unterschiedlichen »Varianten referenzieller Modalität« (139) spricht, die es noch zu beschreiben gelte, doch ist die hier postulierte unterschiedliche Fiktionalität unterschiedlicher Gattungen ausgesprochen kontra-intuitiv: So ist »eine Parabel auf eine andere Weise fiktional als ein realistischer Roman, eine Utopie oder ein Parallelweltroman« (139). Gewiss ist es so, dass eine Parabel und ein realistischer Roman unterschiedliche fiktionale Welten entwerfen (was natürlich auch für jedes einzelne Werk, auch im Falle zweier Parabeln, gilt) und dabei mit Hilfe unterschiedlicher Quellen und Hintergründe arbeiten, und sicherlich, dies sei hinzugefügt, gibt es oftmals ein genrespezifisches Wissen, das von Rezipienten im jeweiligen Fall aktiviert wird – aber dies lässt die Fiktionalität dieser beiden Beispiele nicht unterschiedlich werden. Der Begriff der Fiktionalität kann kein gradueller sein. [7]

5. Schlussbemerkung

Der Beitrag Weidachers zur Theorie der Fiktion ist leider bereits bei seinem Erscheinen veraltet gewesen. Zwar kommt die Arbeit zu einer Reihe befriedigender Einzelergebnisse und Einsichten, die durchaus in Einklang mit einer Mehrheit zeitgleicher und früherer Arbeiten zum Thema stehen, aber im Ganzen ist das theoretische Modell unzureichend. Weder reicht es in Hinsicht auf die pragmatische Entscheidung über Ansätze der sog. Institutionstheorie der Fiktion hinaus, [8] noch kann die kognitionswissenschaftliche Beschreibung unterschiedlicher Referenzmodi auf befriedigende Weise erklären, was das Phänomen Fiktion tatsächlich ausmacht. Zudem wird nicht klar, inwieweit der textlinguistische Ansatz für andere Medien und Textsorten, auch innerhalb der Literatur, Gültigkeit beanspruchen kann. Wer über den neuesten Stand der Fiktionstheorie informiert werden will, wird bei Weidacher nicht fündig.

J. Alexander Bareis

Lunds universitet

Språk- och litteraturcentrum

Anmerkungen

[1] Einen Hinweis darauf, dass es sich bei der vorliegenden Arbeit um eine bereits vorher veröffentlichte Dissertation handelt, findet man nicht – weder in der Ausgabe von 2007 noch im Posten des Bibliothekskatalogs der deutschen Nationalbibliothek. Ein Hinweis findet sich in den Katalogen des Österreichischen Bibliotheksverbunds, jedoch für eine an Umfang geringfügig größere Veröffentlichung (181 anstatt 165 Seiten) mit abweichendem Untertitel (»Kognitionslinguistische, kommunikationstheoretische und rezeptionsästhetische Anmerkungen zur Fiktionalität«) aus dem Jahr 2002: Diese Arbeit wird als Dissertation an der Universität Graz ausgewiesen. [zurück]

[2] Vgl. Frank Zipfel, Fiktion, Fiktivität, Fiktionalität: Analysen zur Fiktion in der Literatur und zum Fiktionsbe-griff in der Literaturwissenschaft, Berlin 2001. [zurück]

[3] Unter anderem wird im Literaturverzeichnis (Weidacher 2007, 160) auf einen Artikel aus der Zeit vom 19.12.2001 hingewiesen. [zurück]

[4] Wer nicht unbedingt die Weltsicht des Radikalen Konstruktivismus teilt und ungern die eigene Wirklichkeitsauffassung als Traum bezeichnen möchte, stört sich wahrscheinlich an dieser Stelle auch an Weidachers konsequenter Anwendung der kollektiven Leseranrede in der ersten Person Plural, die hier und anderswo immer wieder im Sinne von »unserer Fiktionalitätstheorie« (72 u.ö.) als Vereinnahmung des Lesers verwendet wird – schließlich auch im Fall des Konstruktivismus, denn auch hier macht Weidacher »uns« zu »gestandenen Konstruktivisten« (130). [zurück]

[5] Für eine genaue Analyse des Verhältnisses von Fiktion und Wissen, vgl. Tilmann Köppe, Literatur und Erkenntnis. Studien zur kognitiven Signifikanz fiktionaler literarischer Werke, Paderborn 2008. [zurück]

[6] Eine ausführliche Diskussion des reality principle und des mutual believe principle – im Übrigen im Rahmen einer elaborierten Fiktionstheorie aller darstellenden Künste, die in der Arbeit von Zipfel berücksichtigt wird – findet sich bei Kendall Walton, Mimesis as Make-Believe. On the Foundations of the Representational Arts, Cambridge 1990; zum principle of minimal departure siehe Marie-Laure Ryan, Fiction, Non-Factuals, and the Principle of Minimal Departure, in: Poetics 9 (1980), 403-422. [zurück]

[7] Weshalb ›fiktional‹ kein komparativer oder gradueller Begriff sein kann, erläutert Lutz Danneberg, Weder Tränen noch Logik. Über die Zugänglichkeit fiktionaler Welten, in: Uta Klein, Katja Mellmann, Steffanie Metzger (Hg.), Heuristiken der Literaturwissenschaft. Disziplinexterne Perspektiven auf Literatur, Paderborn 2006, 35-83. [zurück]

[8] Vgl. hierzu insbesondere Peter Lamarque, Stein Haugom Olsen, Truth, Fiction, and Literature. A Philosophical Perspective, Oxford 1994. [zurück]

2009-03-22

JLTonline ISSN 1862-8990

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